Landesregierung darf die Kritik am Bildungssystem nicht länger ignorieren und muss sich endlich dem Handlungsbedarf stellen

Das Bündnis „Den Mangel beenden – Unseren Kindern Zukunft geben!“ wird am 30. September um 16.00 Uhr weitere ca. 2.700 Bögen mit ca. 12.500 Unterschriften für das Volksbegehren an die Landeswahlleiterin übergeben. Das Landesverfassungsgericht hatte in einer Eilentscheidung diese zusätzliche Sammlung über den von der Landesregierung vorgegebenen Abgabetermin hinaus bewilligt. Damit liegen nun insgesamt ca. 76.800 Unterschriften für das Volksbegehren vor.

Auch wenn das notwendige Quorum verfehlt wurde, zeigt die Zahl der Unterschriften eine große Unzufriedenheit mit dem Ausmaß des Personalmangels in Sachsen-Anhalts Schulen. Das Bündnis fordert alle politisch Verantwortlichen auf, diese deutliche Meinungsäußerung, auch im Hinblick auf die kommende Landtagswahl, nicht zu ignorieren. Das Bündnis wird weiterarbeiten und Ansprechpartner für Eltern, Schüler*innen und Beschäftigte in den Schulen sein.

Thomas Jaeger, Sprecher des Bündnisses vom Landeselternrat, formulierte als Bilanz der Sammlung: „Wenn ich die Zahl der Unterschriften betrachte, die uns jetzt nach dem Beginn des Schuljahres erreicht haben, so bin ich davon überzeugt, dass wir Erfolg gehabt hätten, wenn uns Corona nicht im März den Wind aus den Segeln genommen, die Dynamik der Sammlung unterbrochen und engagierte Eltern in hohem Maße für das häusliche Unterstützen des Distanzunterrichts okkupiert hätte.“

Das Bündnis zeigte sich überzeugt, dass die Schwächen des Bildungssystems in Sachsen- Anhalt durch die Pandemie und die damit verbundenen akuten Probleme nur kurzzeitig in den Hintergrund gedrängt wurden. Der Mangel an pädagogischem Personal stand im Frühjahr durch den Distanzunterricht nicht im Vordergrund, jetzt mit Beginn des neuen Schuljahres tritt er jedoch wieder offen zu Tage. Die Unterrichtsversorgung liegt ein weiteres Mal unter der des vorherigen Schuljahres, in vielen Klassen finden ganze Unterrichtsfächer nicht mehr statt, ganze Schultage fallen aus. Das Bildungsministerium reagiert konzept- und hilflos, durch Kürzungen von Unterricht – wie an den Sekundar- und Gemeinschaftsschulen – und durch Arbeitszeitverlängerungen und damit mehr Druck auf die vorhandenen Lehrkräfte. Eltern werden bei Unterrichtsausfall vertröstet und gebeten, doch selbst mal nach möglichen Lehrkräften zu suchen.

„Corona hat verdeutlicht, dass unsere Schulen für die Zukunft nicht gerüstet sind. Qualifiziertes Personal wird an den Schulen dringender denn je gebraucht. Es reicht nicht, zu warten, bis die Katastrophe da ist, um dann festzustellen, dass man außer Unterrichtsausfall und -kürzung nichts mehr tun kann. Beispielsweise steigen derzeit die Schülerzahlen in Sachsen-Anhalts Grundschulen. Jetzt ist die Zeit, um mithilfe des von uns vorgeschlagenen Personalschlüssels den Pädagogenbedarf in vier Jahren an den weiterführenden Schulen zu prognostizieren und genügend Lehrkräfte und Seiteneinsteiger auszubilden“, sagte Annette Kirstein, Mitgründerin der Elternrat-Initiative „Bildung in Not“.

„Ja, die notwendige Zahl der Unterschriften für ein Volksbegehren wurde nicht erreicht. Doch die Landesregierung muss dieses deutliche Signal von 76.800 Sachsen- Anhalter*innen wahrnehmen und endlich mit uns über notwendige Veränderungen insbesondere in der Lehrkräfte-Rekrutierung beraten. Schule lebt entscheidend von Lehrkräften, pädagogischen Mitarbeiter*innen und Schulsozialarbeiter*innen, sie gehören zum Fundament für gute Bildung“, ergänzte Matthias Rose, Vorsitzender des Landeselternrates.

„Das vergangene Schuljahr hat erneut gezeigt, wie der Bildungsminister beliebig am Unterricht herumkürzen kann. Deshalb ist eine gesetzliche Regelung, mit der das Parlament den Bedarf bestimmt, weiter dringend erforderlich. Das Anliegen des Volksbegehrens hat sich mit dem heutigen Tag nicht erledigt und gehört weiterhin auf die politische Agenda“, sagte Thomas Lippmann für Die LINKE mit Blick auf die kommende Wahlperiode.

Das Bündnis bedankt sich ausdrücklich bei allen Unterstützer*innen, Sammler*innen, Spender*innen und Mutmacher*innen. „Wir konnten viele Menschen mobilisieren, hatten bei unseren Straßensammlungen viele gute Gespräche und erfuhren von der großen Mehrheit der Angesprochenen auch Unterstützung. Direkte Demokratie ist möglich, hat aber auch viele Hürden. Das Volksabstimmungsgesetz muss dringend gründlich und zeitgemäß überarbeitet werden“, zog Eva Gerth, Sprecherin des Bündnisses und GEW-Vorsitzende in Sachsen-Anhalt, ihr Resümee.