Expertenkommission übergibt Abschlussbericht zum Lehrkräftebedarf

Ministerium für Bildung Sachsen-Anhalt l Bildungsminister Marco Tullner stellte heute im Kabinett die Ergebnisse des Abschlussberichtes für den längerfristigen Lehrkräftebedarf in Sachsen-Anhalt vor. Eine Expertengruppe unter Führung des Bildungsministeriums hatte den Bericht im vergangenen Jahr erarbeitet. Die Ergebnisse geben Auskunft über die Entwicklung der Schüler- und Lehrkräftezahlen, Einstellungs- und Fachbedarfe an Lehrkräften sowie Konsequenzen für die Lehramtsausbildung im Land. „Mit dem Bericht der Expertenkommission liegt uns erstmalig eine solide Datenbasis zur Entwicklung der Schülerzahlen sowie der konkreten fachbezogenen und regionalen Bedarfe an Lehrkräften vor. Ich danke der Expertengruppe für ihre Arbeit und die aufschlussreichen Resultate, die der Politik eine wichtige Handlungsanleitung sein werden“, erklärte Bildungsminister Marco Tullner.

Kernpunkte des Berichts:

Entwicklung der Schülerzahlen an öffentlichen allgemeinbildenden und öffentlichen berufsbildenden Schulen bis 2030/31

Die Schülerzahlen der allgemeinbildenden Schulen werden von derzeit ca. 174.000 bis zum Schuljahr 2024/25 moderat auf ca. 181.000 steigen. Danach sinken sie bis zum Schuljahr 2030/31 geringfügig bis auf etwa 169.000 Schülerinnen und Schüler ab. Dieser Wert liegt 13,5 % oberhalb bisheriger Annahmen, die auf der Basis der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose (RBP) einen deutlich früher beginnenden und schneller verlaufenden Rückgang der Schülerzahlen beschrieben.

Lehrkräftebedarf/Lehrkräftebestand/Einstellungsbedarf bis 2030/31 an öffentlichen und freien allgemeinbildenden Schulen

Signifikant sind die Zahlen der altersbedingt ausscheidenden Lehrkräfte und die Einstellungsbedarfe. So ist zu erwarten, dass zum Schuljahr 2030/31 nur noch etwa 37 % des Lehrkräftebestandes des Schuljahres 2017/18 an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen des Landes arbeiten werden. Der in diesem Zeitraum erwartete Einstellungsbedarf kumuliert auf 8.995 VZÄ (Vollzeitäquivalente). Das entspricht zwischen 2018 und 2030 jährlich etwa 733 einzustellenden Lehrkräften an den allgemeinbildenden Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft. Die aktuelle Zahl der Lehramtsstudenten in Sachsen-Anhalt wird den Einstellungsbedarf im mittelfristigen Zeitraum 2018 bis 2024 nicht abdecken.

Lehramtsausbildung

Eine deutliche Erweiterung der Lehramtsausbildung an den Universitäten ab dem Wintersemester 2018/19 und im Vorbereitungsdienst ist unumgänglich.

Um perspektivisch die Schulen Sachsen-Anhalts bedarfsgerecht mit Lehrkräften ausstatten zu können, sollte die Zahl der Lehramtsstudierenden an den Hochschulen erheblich steigen. Gleichzeitig muss sich die Auswahl der Lehrämter und Studienfächer stärker am Unterrichtsbedarf der Schulen orientieren.

Eine besonders umfängliche Bereitstellung von Studienplätzen müsste in Lehrämtern und Fächern mit hohem Unterrichtsbedarf (z. B. Kernfächer Deutsch, Mathematik, Englisch) gewährleistet sein. Gleichzeitig sollten Anstrengungen unternommen werden, die organisatorischen und inhaltlichen Möglichkeiten zur Einhaltung der Regelstudienzeit auszuschöpfen. Die für die Umsetzung der Ziele notwendigen Veränderungen sollten beginnend mit dem Wintersemester 2018/19 vorgenommen werden.

Ziele für die zukünftige Gestaltung der Lehramtsausbildung

  1. Der Lehrkräftenachwuchs in den Kernfächern muss stetig gesichert werden.
  2. Der Lehrkräftenachwuchs muss in den Fächern gestärkt werden, in denen derzeitder Anteil der Studierenden bezogen auf den Anteil des Faches am Unterrichtsbedarf geringer ist.
  3. Für Fächer, für die nur geringer oder sehr geringer Bedarf besteht, müssen klare Regelungen für eine Anwahl aufgestellt werden.
  4. Die Fachkombinationen müssen ausreichende Einsatzmöglichkeiten der Lehrkräfte an einer Schule sichern.

„Bildung- und Wissenschaftsministerium haben zahlreiche Hausaufgaben ins Stammbuch bekommen. Mit der Steigerung der Kapazitäten der Studienseminare (820 im Jahr 2018) für die Lehrer im Vorbereitungsdienst sowie den Maßnahmen zur Qualifizierung von Seiteneinsteigern haben wir erste konkrete Schritte unternommen. Die Universitäten haben gleichzeitig die Zahl der Studierenden erhöht. Diese Schritte gilt es konsequent auszubauen.

Darüber hinaus alarmieren mich die fachlichen Bedarfe und die korrespondierende Fächeranwahl an den Universitäten. Teilweise wird am Bedarf vorbei studiert. Wir werden die Kenntnisse nutzen, um künftige Maßnahmen zur Lehrergewinnung gezielt darauf auszurichten“, sagte Bildungsminister Tullner.

Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann erklärte: „Erst einmal bedanke ich mich bei der Expertengruppe für den fundierten Bericht zum Lehrkräftebedarf. Mit Blick auf die Neuausrichtung der Lehrerausbildung in Sachsen-Anhalt halte ich es zunächst für äußerst wichtig, dass wir Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Uns wird es nur dann gelingen, junge Menschen für ein Lehramtsstudium zu begeistern, wenn wir ihnen klare, verlässliche Perspektiven bieten. In der Vergangenheit wurden viele junge Studienabsolventen geradezu dazu gezwungen, das Land zu verlassen, weil es zu wenig Referendariats-Plätze und Lehrerstellen gab. Solche schwerwiegenden Fehler können und dürfen wir uns in Zukunft nicht mehr leisten.

Bei der Neuausrichtung der Lehrerausbildung muss es deshalb vor allem darum gehen, die Zahl der Studienplätze, der Referendariatsstellen und der freien Lehrerstellen stets aufeinander abzustimmen. Ohne klare Perspektiven an dieser Stelle wird es uns sonst nicht gelingen, den bundesweiten ohnehin harten Wettbewerb um junge kluge Köpfe für unsere Schulen zu gewinnen.

Wie der Bericht zum Lehrkräftebedarf nun aufzeigt, müssen wir unsere Studienkapazitäten ausbauen und ich bin froh, dass sich unsere Universitäten dieser Herausforderung bereits stellen. Ich betonte aber auch ganz deutlich: Der notwendige Aufwuchs an Studienplätzen wird nur unter Bereitstellung zusätzlicher Mittel des Landes möglich sein, darauf werden wir in den anstehenden Haushaltsverhandlungen ganz genau achten müssen.“

Hintergrund:

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat in der 8. Sitzung die Landesregierung aufgefordert, dass die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehene Arbeitsgruppe zur Ermittlung der Personalbedarfe umgehend ihre Arbeit aufnimmt (LT-Drs. 7/328 vom 02.09.2016 „Expertengruppe zur Bestimmung des längerfristigen Lehrkräftebedarfs“). Neben der nach Koalitionsvertrag vorgesehenen Ermittlung der Personalbedarfe sollte auch die notwendige kurz- und längerfristige Kapazitätsentwicklung der lehrerausbildenden Hochschulen dargestellt werden. Weiter sollten auch regionale Aspekte einbezogen werden.

Die Expertengruppe wurde auf der Grundlage des Landtagsbeschlusses durch das in der Landesregierung zuständige Ministerium für Bildung (MB) einberufen. Sie setzt sich zusammen aus Vertretern der lehrerausbildenden Universitäten, des Lehrerhauptpersonalrates (LHPR), der kommunalen Spitzenverbände, des Landesverbandes deutscher Privatschulen (VdP), des Landesinstituts für Schulqualität und Lehrerbildung, des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, des Ministeriums der Finanzen und des Ministeriums für Bildung.

Die Prognosen des Berichts basieren auf der 6. Regionalisierten Bevölkerungsprognose (RBP), die mit Kabinettsbeschluss vom 26. Juli 2016 zur einheitlichen Planungsgrundlage für alle Landesbehörden erklärt wurde.

Der Bericht wird nach der Kenntnisnahme durch das Kabinett den Ausschüssen für Bildung und Kultur sowie Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landtages zugeleitet.

Der vollständige Bericht steht zum Download zur Verfügung unter: http://lsaurl.de/Abschlussbericht.

Quelle: mb.sachsen-anhalt.de